Am Montag, am Mittwoch, gestern: Man
trifft sie immer wieder, man scheint sie zu kennen, weil man weiß was
sie kaufen. Doch eigentlich sind es Fremde: Die Frau mit dem grauen,
gepflegten Haar - der Herr mit den nackten Füßen in den Sportschuhen und der ausgebeulten Bundfaltenhose. Ich treffe Sie immer wieder beim Einkaufen. Man lächelt sich zu, ... man
tauscht Worte wie "Darf ich mal eben ...!" oder "Ups, das ist mein
Wagen ...". Man weiß, wie sie verschmitzt lächeln können, wie sie sich
kratzen, wenn sie nachdenken, bevor sie Suppentüten aus dem Regal kramen. Sie mag eher Obst und Schnapspralinen - er steht auf besagte Tütchensuppen, Toas und Frischkäse mit Sixpack. Wen ich meine? Ich nenne Sie "Meine bekannten Fremden".
In meiner Heimat gab es sie. In meiner Studienstadt gab es sie. Und im Hier und Jetzt gibt es sie auch. Aber was ist aus der alten Dame geworden, die immer mit Ihrem Stock und ihrer roten Stofftasche zum gleichen Obsthändler ging wie ich? Was ist aus dem Herren mit dem grauen Pudel ohne Benehmen geworden? ... Ich muss mir die Geschichten selbst ausdenken.
Wir sind immer wieder weggezogen, wir haben aufs Neue das Setting getauscht und inzwischen wieder ein uns bekanntes Umfeld. Die Einkaufsgewohnhheiten haben sich an Wimmlingen angepasst und statt eines stets etwas muffeligen Briefträgers haben wir alternierend eine rauchende, hektische schwarzhaarige und eine recht blond coole Briefträgerin. Manchmal fehlt einem der Muffel.
Und wann wird aus bekannten Fremden weitläufige Bekannte? Manchmal sind die Grenzen fließend. Ich glaube zum Beispiel, dass mich die Dame mit den grauen, gepflegten Haaren inzwischen auch schon ganz gut kennt. Ich bin die mit den roten Schlappen und dem immer überfüllten Einkaufswagen, die nie Klopapier vergisst.
Euch ein schönes Wochenende und einen schönen Einkauf morgen!
Silke
Wir haben hier zwar nicht Tante Emma, aber so in der Art ...