Freitag, 13. November 2015

Bleierne Schwere beim Schreiben?


Uff - also, bitte nicht falsch verstehen, aber ich liebe Werbung. 


In der Werbung sind viele Leute gut gelaunt, haben Spaß, dissen kaum und wenn, ja wenn es Ihnen nicht gut geht, dann gibt es eine Tablette aus der Apotheke - gerne auch super billig mit lieben Lächeln verkauft!


Werbung ist auch mein täglich Brot und deshalb lese ich immer wieder gerne in den Heften beim Arzt oder Frisör sogar die gekauften redaktionellen Anzeigen in diversen Blättern. Ich schäme mich da auch nicht für. Lesen bildet, so der Spruch ... Alsmal wird man doch eines Besseren belehrt.

Heute hatte ich zum Beispiel eine Zeile gelesen, die mich nicht nur verwunderte, sondern auch stutzig machte: 


Müdigkeit hat viele Ursachen – allen voran: zu wenig Schlaf.


Wow, dieser Satz leitete einen vermeintlichen Fachartikel über das Thema "Müdigkeit" ein. Die optische Anmutung hyperprofessionell. Der Inhalt, naja ... Ich kritisiere ja fast höchst ungern Artikel aus fremder Feder, aber "Hallo": War der Autor gerade in die bleierne Schwere des ermüdeten Schreibens verfallen? Oder was?

Nein, er bedient fachmännisch ein Klischee. Und leitet dies so banal ein, in der Hoffnung die Zielgruppe sei zu dumm, es nicht zu merken. Klar jeder, der schon mal wenig Schlaf bekommen hat, weiß, dass dies zu Müdigkeit führt.

Manchmal wünschte ich mir mehr Raffinesse, auch in der Werbung. Ich möchte doch den "A-HA"-Effekt haben, sagen zu können, "Mensch, das ist lustig, gut ... einzigartig" ... im Gegensatz zu Platituden. Klar Werbung ist stereotyp, gerne immer wieder das Gleiche und Klischees werden ausgeschlachtet bis zum Umfallen. Aber wenn Werbung gut ist immer mit dem Hauch einer Überraschung.
Der zweite Satz war nicht weiter überzeugender: 

Müde, schlapp, kraftlos: Dafür gibt es harmlose Ursachen. Schlafmangel.
Nä, ächt? Harmlos?
Das stimmt doch nicht einmal. Schlafentzug ist ein heftiges Mittel der Folter. Von harmlos kann man da weder schreiben noch reden. Fragt mal junge Mütter, wie die auf diesen Satz reagieren würden. Einmal morgens den Mamis an der Kita-Tür in die Augen geguckt, was da an Aggressionspotential schlummert. Wer will da diesen Satz fröhlich über die Lippen bringen?

Wer will es ausprobieren? 



Ich wünsche Euch jetzt einen schönen Restfreitag, mit genügend Zeit für Schlaf am Wochenende und guter Lektüre.

Liebe Grüße
Silke








Mittwoch, 11. November 2015

Altbacken, Aufgewärmt ...

Heute war wieder so ein Tag. Tausende der Pop-Ups ... und da ist mir ein alter Blogeintrag - noch von der alten Homepage in den Sinn gekommen, den ich hier jetzt einfach noch einmal zitiere ... aber das ist für Negativlinge wahrscheinllich das falsche Wort: Eher "zweitverwerte" oder "aufwärme". Also aus Alt mach Neu:

Die Gerüche meiner Kindheit
Silke am 08.09.2010 um 21:44
Apfelpfannkuchen, Flieder in der teerwarmen Straße, verregnete Pfingstrosenblüten auf Waschbeton, Papas Aftershave, Mamas Waschmittel, Schwimmbadchlor mit Ketchup und altem Pommesfett vermischt, Omas alter Eis-Keller, Zelt- und Luftmatratzengummi, Badekappenmuff – angebrannte Milch und Feuertoastbrot. Das sind alles ganz spezielle Duftnoten, die sich in meiner Kindheit fest in die Nase eingebrannt haben. Man freut sich in der Erwachsenenwelt immer wieder, wenn man diesen Gruppen von Düften begegnet, sie einordnet, und automatisch die Konnotation wie ein Popup-Fenster vor einem aufgeht. Bilder spiegeln sich wieder, ganze Filme laufen in Sekundenschnelle vor dem inneren Augen ab. Ein kleiner Tagtraum voller Wiedererkennungsfreude, ein „Stimmt genau – oh, wie schön“ gepaart mit einem Seufzen voller Melancholie!
Und man erwischt sich mitten in einer Alltagshandlung mit den Gedanken in einer vergangenen Zeit – abgeschlossen – ganz final, und doch so spürbar nah.
Wie komme ich darauf, fragen Sie sich? Ganz einfach: Ich habe meinen Kindern das Haar gewaschen – und da war sie! Die Bilderflut: Dieser Duft nach dem wöchentlichen Flötenunterricht, das zartsüße Aroma von dreieckigen Papiertüten aus der Altstadt-Bäckerei – randvoll gefüllt mit talerförmigen Brausestückchen in allen Pastellfarbtönen. Der Geruch des Süßwarenladens in der Innenstadt des nächsten „Mittelzentrums“, wohin man alle heilige Zeiten mal mit den Eltern zum Einkaufen von Schuhen, Wäsche und dergleichen kam: Der Hussel in der unteren Max-Regerstraße. Ja, und auch der Schmerz beim Abschied von der großen Schwester ins Studium, der durch die kleinen Taler „runtergewürgt“ wurde.
Das Einreiben des Shampoos in das Haar des mittleren Piratenkindes öffnete wie bei einem Feuerwerk zig dieser „Popups“und zauberte mir wohl unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen. Das blieb natürlich nicht unkommentiert: „Mama, warum freust du dich? Weil ich jetzt wieder sauber bin?“.
Brause und Sauberkeit, das ist eine tolle Mischung. Mein Blick wanderte zur Flasche, die nichts von all meinen Gefühlen verriet – ein Tukan auf „lila“ Hintergrund kratzt sich mit dem ausladenden Schnabel sein Gefieder. Da steht nix – aber auch gar nix von Brause!!! Die armen Duftexperten, die Gummibärchen und Brausestangen suggerieren können und die eigentliche Haarwäsche damit versüßen!
Aber, was für ein schlechtes Marketing! Würde meiner Generation signalisiert werden, welch eine emotionale Wolke aus dieser Flasche entgegenwirbelt, würde sie doch ausschließlich zu diesem Produkt greifen, um ihrer Brut das Haar zu reinigen! Wirklich schlechtes Marketing! Man sollte diesen Verpackungs- und Werbefachmännern mal ordentlich den Kopf damit waschen, vielleicht würde ihnen dabei ein Licht aufgehen oder auch das ein oder andere Fenster aufpoppen.

Da lasse ich jedoch gerne die Finger davon. Statt dessen werde ich meinen Kindern möglichst regelmäßig die Haarpflege nahe legen, damit mein olfaktorischer Sinn ausreichend in den Genuss von Brause kommt.

In diesem Sinne: „Riechen Sie 'was Gutes und träumen Sie 'was Schönes!“
Silke